Nach längerer Zeit wieder einmal ein Buchtipp. Robert Menasse reist nach Brüssel und erlebt eine Überraschung nach der anderen: offene Türen und kompetente Informationen, eine schlanke Bürokratie, hochqualifizierte Beamte und funktionale Hierarchien. Kaum eines der verbreiteten Klischees vom verknöcherten Eurokraten trifft zu. Ganz im Gegenteil, es sind die nationalen Regierungen, die die Idee eines gemeinsamen Europa kurzsichtigen populistischen Winkelzügen unterordnen. Damit werden sie zu Auslösern schwerer politischer und wirtschaftlicher Krisen in der EU.
Menasse findet deutliche, wenn auch manchmal in die Polemik abdriftende Worte. Im Fadenkreuz seiner Kritik steht der Nationalismus. Er wird angeprangert und verantwortet die derzeitige, schon jahrelang andauernde Krise der EU. Demokratiedefizite werden hier genauso ins Treffen geführt, wie gleichsam auch die Idee einer Union skizziert wird. Diese Idee besteht im Überwinden der Nationalismen und der Entstehung und Herausarbeitung einer nachnationalen Demokratie. Als zusätzlichen Lesestoff sei auf das Konzept eines föderalen Europas hingewiesen, wie es der europäische Think Tank „Notre Europe“ formuliert hat.
„Der Europäische Landbote: die Wut der Bürger und der Friede Europas“ ist zwar schon seit zwei Jahren auf dem Markt, hat jedoch leider noch nichts an Gültigkeit verloren.